Ich bin tatsächlich der Meinung, dass die Freiheit der Kunst unter Umständen mit einer Themenvorgabe kollidiert.
Das ist ja das, was den Alltag vieler Berufsfotografen ausmacht. Sie bekommen den Auftrag (Thema) Kinderbekleidung zu fotografieren. Wenn Sie dieses Thema im Sinne des Auftraggebers gut fotografiert haben, bekommen sie ein „Fleißbienchen“ in Form des Honorars.
Genau diese Profis beneiden uns Amateure um unsere kreative Freiheit!
Um es sehr überspitzt zu sagen - Themenvorgaben fördern die fotografische Prostitution.
Kunst kann, wenn sie authentisch sein soll, ausschließlich aus dem Inneren des Künstlers kommen.
Alles andere wäre fotografische Schnitzeljagd…
Warum werden denn nun trotzdem im DVF häufig Themenwettbewerbe ausgerufen?
Die Antwort ist so einfach wie deprimierend - der Verband sieht sich nicht als eine Künstlervereinigung sondern als Interessenvertretung von Hobbyfotografen.
Jetzt passt es wieder.

Manfred Kriegelstein

Ja, das sind eben ganz unterschiedliche Sichtweisen. Die beide Ihre Berechtigung haben.
Der DVF besteht zum Teil aus Lernenden und zu einem anderen Teil aus passiven Mitgliedern die einen Anstoß in Form einer Aufgabe brauchen. Das ist auch gut so.
Dass viele Mitglieder - auch regelmäßig - an den Wettbewerben teilnehmen ist ja gewünscht. Wobei die Teilnehmerzahlen bei den anspruchsvollen Events (NFM/SFM, Portfolio) eher rückläufig sind. Und selbst der diesjährige Nord-Ost Pokal zeigt in dieser Hinsicht schon Erosionserscheinungen...
Die Wettbewerbsbestimmungen schützen übrigens weitgehend vor Bildwiederholungen aus der "Mottenkiste".

Apropos "Griff in die Mottenkiste" das ist ein typischer Begriff aus der Wettbewerbsszene der Amateure.
Den gibt es in der Kunstwelt nicht. Zum Glück - sonst müsste man die Mona Lisa oder Werke von Ansel Adams oder anderen berühmten Fotografen in die jeweiligen Kellerarchive der Museen verbannen!

Gute Werke sind zeitlos.

Der Begriff des NIH-Syndroms greift hier nicht, weil die Voraussetzung des gemeinsamen Systems fehlt.
Das Thema welches sich ein künstlerischer Fotograf aus seinem inneren heraus gibt, hat nichts mit einer fremdbestimmenden Aufgabenstellung zu tun, die von außen kommt.

Übrigens vielleicht den Begriff "deprimierend" im Zusammenhang mit der künstlerischen Ausrichtung des DVF etwas näher erläutert: Der Verband hat über die Jahrzehnte viele gute künstlerische Fotografen hervorgebracht - und diese dann verloren.
Warum? Weil er Ihnen kein Forum mehr geben wollte - im Gegenteil. Neid ist geil!
Das ist schade und führt zum Teil auch dazu, dass die überwiegende Zahl der Mitglieder eher rezeptiv denkt.

Dadurch fehlen Sachverstand, Motivation und Engagement.

Mit der ausschliesslichen Konzentration auf die Mitte verharrt man eben in der Mittelmäßigkeit...


Manfred Kriegelstein

Ich habe lange überlegt, ob ich mich in dieser Diskussion einbringen soll. Aber ich möchte es nun doch tun, auch um ein paar Punkte aufzunehmen, die auch in der Mitgliederversammlung angesprochen wurden (Stichwort Mitgliederzahl und Altersstruktur).
Die Frage der Themenwettbewerbe ist aus meiner Sicht ein zweischneidiges Schwert. Einerseits finden es viele Hobbyfotografen reizvoll sich einem Thema zuzuwenden und werden durch solche Wettbewerbe auch stimuliert konzeptionell zu arbeiten. Andererseits bekommt der Wettbewerbsausrichter bei solchen Wettbewerben eher weniger Einsendungen als bei themenoffenen Wettbewerben. Wenn dann wie beim DVF üblich eine Quote an Annahmen vorgegeben wird, dann landen halt immer wieder mal Bilder in der Ausstellung oder im Katalog, die sich ohne eine solche Quote nicht durchgesetzt hätten. Hinsichtlich der Zahl an eingereichten Beiträgen wäre es sicher auch günstig zumindest für die Jurierung nur Dateien und keine Prints einzufordern. Das senkt die Schwelle klar ab, auch weil der finanzielle Einsatz geringer wird. Gerade für junge Leute ist das ein Faktor. Eine hohe Zahl eingereichter Bilder machen es der Jury auch leichter eine tolle Auswahl zu treffen.
Zurück zu den Themen: viele ambitionierten Fotografen arbeiten ohnehin an "ihren" Themen und reichen halt dann Bilder zu Themenwettbewerben ein wenn das Thema zum eigenen Portfolio passt, würden aber nicht losziehen um ein Thema zu bearbeiten, das sie nicht selbst gewählt haben. Der DVF ist ein fotografischer Breitensportverein und will auch nichts anderes sein. Wie auch beim Breitensport kann es Spaß machen hier mitzumachen, egal wie fortgeschritten oder künstlerisch man unterwegs ist. Mir macht es jedenfalls Spaß. Der DVF wird wie auch schon Uwe geschrieben hat kein Fotokunstverein werden und will es auch nicht. Ich finde, das ist auch in Ordnung so, auch wenn ich es schade finde, dass es keinen größeren bundesweiten Verein gibt, der die Fotokunst als Ziel hat (ich kenne zumindest keinen). Ich finde es für den DVF bei seinem Selbstverständnis vollkommen okay beides, also Themenwettbewerbe und themenoffene Wettbewerbe auszurichten. Dennoch könnte es nicht schaden etwas mehr Anreize zu setzen sich zu verbessern und die Qualität der Wettbewerbsbeiträge zu heben. Die Abschaffung der Annahmequoten wäre ein Beitrag. Auch etwas mehr Offenheit bei der Jurierung im Hinblick auf die Selektion von Bildern, die etwas unkonventioneller sind, könnte nicht schaden. Ich will meinen Geschlechtsgenossen nicht zu nahe treten, aber etwas weniger "Altherrenfotografie", insbesondere beim Thema Menschen, wäre in den Wettbewerben manchmal auch wünschenswert. Damit wäre ich beim nächsten Thema. Die Mitgliederstruktur des DVF entwickelt sich nicht positiv im Hinblick darauf, dass die Mitglieder eher immer älter werden und ältere Männer die größte Gruppe stellen. Da gehöre ich ja selber auch schon dazu. Es bietet sich ein Vergleich des DVF mit der GDT (Gesellschaft für Naturfotografie) an. Letztere ist ebenfalls eine Amateurfotovereinigung und hat in den vergangenen 15 Jahren (seit ich das beobachte) eine erstaunliche Entwicklung hinter sich. Sie hat sich von einem Verein aus fotografischen Teleobjektiv-bewehrten Tierjägern (männlich) deutlich weiterentwickelt, was sich nicht nur in der neuen Namensgebung (Gesellschaft für Naturfotografie versus Gesellschaft Deutscher Tierfotografen) niederschlägt. Sie ist themenoffener, weiblicher und jünger geworden. Die Mitgliederzahl weist nach oben. Ihre Wettbewerbe (European Nature Photographer of the Year, GDT Naturfotograf/in des Jahres) gehören zu den Topwettbewerben des Genres (und das gänzlich per Jurierung mit internationalen Juroren am Bildschirm oder Beamer). Das Niveau liegt dort sehr hoch, was dennoch nicht dazu führt, dass junge Leute abgeschreckt würden. Im Gegenteil, für viele ist es offenbar ein Ansporn dazu zu gehören und vielleicht auch mal ein Bild zu platzieren. Auch ein Vergleich der Mitgliederzeitschriften ist interessant. Das Forum Naturfotografie der GDT ist mit jeder Ausgabe ein ästhetisches Fest mit tollen Bildern und perfektem Layout. Das DVF Journal ist dem gegenüber klar ausbaufähig. Klar, es will auch mehr ein Mitteilungsblatt sein, aber es ist halt auch eine Visitenkarte des Vereins und da muss man sich fragen wen es ansprechen soll. Junge Leute, gerne auch Frauen, oder ältere Herren. Aber ich will hier nicht meckern, sondern nur mit meinen Gedanken zum Nachdenken anregen. Wir haben in unserem Landesverband seit ein paar Jahren einen extrem engagierten Vorstand, der schon viel erreicht hat den DVF attraktiver zu machen. Man muss den Dingen auch einfach ein wenig Zeit geben. Gerade so etwas wie die Mitgliederstruktur verändert sich nicht von heute auf morgen.
Schöne Grüße, Ralph

...klar die GDT bekommt auch Neumitglieder über den Umweltaspekt. Aber das ist sicher nur ein Grund. Ja, das DVF Journal könnte durch Inhalte wie sie inzwischen auf der LV1 Webseite zu finden sind sicher profitieren. Ich weiß, aktive Mitmacher sind gerne gesehen, aber für mehr Engagement als ab und an meinen "Senf" dazuzugeben reicht mir leider in den nächsten 10 Jahren, in denen ich noch berufstätig bin, die Zeit einfach nicht. Liebe Grüße, Ralph

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Alter und Geschlecht der Autoren und der Qualität Ihrer Fotografie.
Auch der Zusammenhang zwischen Anzahl der Teilnehmer und Qualität des Ergebnisses eines Wettbewerbs ist unter Umständen nur minimal - aber nur aus statistischen Gründen. Masse führt niemals zu Klasse.
Das Gleiche gilt auch für digitale Präsentationen, lediglich geeignet für soziale Medien und Urlaubsbilder - also um Masse zu erreichen.
In der Spitze der künstlerischen Fotografie und Galerieszene bleibt das Aufsichtsbild die Königsklasse.

Das widerspricht den vorherigen Beiträgen nicht unbedingt - es sind nur unterschiedliche Sichtweisen aus unterschiedlichen Welten.

Manfred Kriegelstein